In einer Welt, die ständig von Selbstverwirklichung und Authentizität spricht, hörst du wahrscheinlich oft Sätze wie: „Lebe nach deinen Werten!“ oder „Folge deinen Bedürfnissen!“. Doch hand aufs Herz: Weißt du wirklich, was deine Werte und Bedürfnisse sind?
Die Herausforderung unserer Zeit
Überall begegnen uns Aufforderungen, authentisch zu sein und nach unseren eigenen Maßstäben zu leben. Besonders die jüngere Generation wird dazu ermutigt, alles in Frage zu stellen und neu zu definieren. Doch hier liegt ein faszinierendes Paradox:
Viele von uns wollen nach Werten und Bedürfnissen leben, die sie gar nicht genau kennen.
Was sind Werte und Bedürfnisse eigentlich?
Bevor wir tiefer eintauchen, lass uns kurz definieren:
- Werte sind grundlegende Überzeugungen, die bestimmen, was uns im Leben wichtig ist. Sie leiten unser Handeln und unsere Entscheidungen.
- Bedürfnisse sind fundamentale menschliche Erfordernisse – physisch, emotional oder sozial –, die erfüllt werden müssen, damit wir uns wohl und erfüllt fühlen.
Klingt einfach, oder? Doch in der Praxis zeigt sich: Viele Menschen haben Schwierigkeiten, ihre eigenen Werte und Bedürfnisse klar zu benennen.
Die Versuchung des radikalen Neuanfangs
In meiner Arbeit als Coach und Supervisorin beobachte ich oft einen interessanten Trend: Menschen wollen „alles anders machen“ oder ihr Leben komplett „neu erfinden“. Sie glauben, dass der Weg zum authentischen Selbst darin besteht, alles Bisherige über Bord zu werfen.
Doch ist das wirklich der richtige Ansatz?
Die vergessene Kunst des Hinterfragens
Was oft übersehen wird: Das Hinterfragen „alter“ Werte bedeutet nicht automatisch, sie abzulehnen. Es geht vielmehr darum, sich bewusst mit ihnen auseinanderzusetzen:
- Welche Werte habe ich bisher gelebt?
- Woher kommen diese Werte?
- Welche davon fühlen sich wirklich „richtig“ für mich an?
- Welche möchte ich vielleicht anpassen oder neu interpretieren?
Dieser Prozess des Hinterfragens ist entscheidend. Er hilft uns, zwischen übernommenen Werten und solchen zu unterscheiden, die wirklich zu uns gehören.
Der Weg zur Selbsterkenntnis: Alles in Betracht ziehen
Wenn wir uns fragen „Was will ich wirklich?“, ist es wichtig, alle Aspekte unseres Lebens zu betrachten:
- Unsere Erziehung und kulturellen Hintergründe
- Persönliche Erfahrungen und Lernprozesse
- Gesellschaftliche Erwartungen und ihre Auswirkungen auf uns
- Unsere Träume und Visionen für die Zukunft
Es geht darum, eine Balance zu finden zwischen dem, was wir von unserer Vergangenheit mitnehmen wollen, und dem, was wir für unsere Zukunft neu gestalten möchten.
Die Herausforderung annehmen
Der Weg zur Klarheit über die eigenen Werte und Bedürfnisse ist nicht immer einfach. Er erfordert Mut, Ehrlichkeit und manchmal auch die Bereitschaft, unbequeme Wahrheiten über uns selbst zu akzeptieren.
Doch die Belohnung ist es wert: Ein Leben, das wirklich im Einklang mit dem steht, was uns ausmacht und was wir brauchen.
Fazit: Ein Aufruf zur Selbstreflexion
Statt blindlings dem Ruf nach Veränderung zu folgen, lade ich dich ein:
- Nimm dir Zeit, deine Werte und Bedürfnisse wirklich zu erforschen.
- Sei offen dafür, dass einige deiner „alten“ Werte vielleicht doch zu dir gehören.
- Hinterfrage, aber verurteile nicht vorschnell.
- Sei geduldig mit dir selbst – Selbsterkenntnis ist ein Prozess, kein Ereignis.
Denn nur wenn wir wirklich verstehen, was uns ausmacht und was wir brauchen, können wir ein Leben führen, das authentisch und erfüllend ist.
Und du? Welche Werte und Bedürfnisse bestimmen dein Leben? Bist du bereit, sie näher zu betrachten und vielleicht neu zu entdecken?