Dokumentationsreihe: „So oder so ähnlich“
Mediation im Leitungsteam
Wir möchten euch einen Einblick in unsere Arbeit geben. Alle geschilderten Fälle sind fiktiv und doch real … so oder so ähnlich können Mediationen verlaufen.
Für viele Menschen ist Mediation ein noch unbekannter Begriff. Wir möchten in dieser Blogreihe etwas Licht ins Dunkel bringen und euch anhand von Beispielfällen einen Einblick in unsere Arbeit geben.
1. Die Kontaktaufnahme
Eine Mediation beginnt immer mit einer Kontaktaufnahme, für die es ganz unterschiedliche Gründe und Kontexte geben kann.
In diesem Fall war der Grund der Kontaktaufnahme bei ErkenneNeueWege der Konflikt eines Teams im Arbeitskontext. Der Geschäftsführer des Unternehmens kontaktierte uns, da er den dringenden Wunsch hatte, die Arbeitsfähigkeit dieses Teams wiederherzustellen. Alle am Konflikt beteiligten Teammitglieder teilten sich ein Büro und da es keine Möglichkeit gab, die Konstellation räumlich aufzuteilen, war es dem Geschäftsführer ein Anliegen, dass die Teammitglieder den Konflikt bearbeiteten und lösten, um wieder miteinander arbeiten zu können.
2. Themen erfassen und klar benennen
In einer Mediation bekommt jede:r Mediand:in (das sind die Personen, die an dem Konflikt beteiligt sind) die Möglichkeit, seine Sicht der Dinge zu Schildern. Aus diesen Schilderungen werden dann die gemeinsamen, zu bearbeitenden Themen abgeleitet.
Die gemeinsamen Konfliktthemen in diesem Fall waren:
1. Nähe und Distanz zwischen den Arbeitskolleg:innen
2. Wie sehen die Leitungsstrukturen innerhalb des Teams aus? Gibt es eine Leitung? Wer ist für was verantwortlich?
3. Gegenseitige Kontrolle
4. Private Gespräche im Büro, insbesondere während ein anderer geschäftlich telefoniert.
5. Veränderung der Firmenphilosophie
6. Stellenbeschreibung & Verantwortungsbereiche der Mediand:innen
Anhand dieser Themen leiten wir als Mediator:innen dann durch den Klärungsprozess.
3. Der Wendepunkt
In (fast) jeder Mediation gibt es irgendwann diesen einen Moment … er wird Wendepunkt genannt. In diesem Moment verändert sich die Schwingung im Raum, die Herzspitzen können sich wieder berühren und eine Veränderung bei den MediandInnen wird spürbar.
Zu Beginn war die Mediation stark von Misstrauen und Distanz geprägt. Als deutlich wurde, dass die Mediand:innen unterschiedliche Auffassungen von notwendiger Nähe und Distanz hatten, kam es zum oben beschriebenen Wendepunkt.
Es war den Mediand:innen möglich, zu erkennen, dass eine professionelle Nähe nötig ist, um ein gutes Arbeitsklima zu schaffen und notwendige Informationen auszutauschen. Gleichzeitig konnten die Mediand:innen auch anerkennen, dass eine gewisse Distanz in Bezug auf persönliche/private Themen ihre Berechtigung hat. Es wurde deutlicher, dass die Mediand:innen ihre gegenseitige Arbeit und Kompetenz schätzen.
Ein weiterer Wendepunkt fand statt, als klar wurde, dass die Mediand:innen eigentlich eine sehr ähnliche Haltung zur Arbeit haben, aber unterschiedliche Informationen zu der Verteilung der Verantwortlichkeiten. Diese Erkenntnis führte dazu, dass die MediandInnen von den gegenseitigen Vorwürfen abrücken konnten und klar wurde: nun war eine Klärung durch die Geschäftsführung notwendig.
4. Lösungen finden
Am Ende einer Mediation, wenn eine Klärung des Konflikts stattgefunden hat, geht es an die Lösungsfindung. Hier erarbeiten die Beteiligten gemeinsame Lösungen/Vereinbarungen für die Zukunft.So könnte das aussehen:
1. Die Mediand:innen vereinbarten, dass sie sich mit dem Geschäftsführer zusammensetzen und eine Aufgabenverteilung sowie die Verantwortlichkeiten klären und besprechen.
2. Jeder Morgen beginnt mit einem gemeinsamen Meeting. Bei diesem Meeting werden die Aufgaben des Tages besprochen und verteilt. Es wird auch geklärt wobei Unterstützung gebraucht werden könnte. Zudem wird individuell besprochen, ob man an diesem Tag die Mittagspause gemeinsam verbringen wird.
3. Private Gespräche finden in den Räumlichkeiten nur dann statt, wenn alle Teammitglieder die Möglichkeit haben Pause einzulegen.
4. Außerhalb der Mediation werden die Teammitglieder sich auf individuelle Gesprächsregeln einigen, die am Arbeitsalltag festgemacht werden.
5. Fazit und Haltung
Es ist nachgewiesen, dass Konflikte am Arbeitsplatz durchschnittlich 15% der täglichen Arbeitszeit binden. Führungskräfte wenden 30% bis 50% ihrer wöchentlichen Arbeitszeit indirekt oder direkt für Konflikte und Konfliktfolgen auf. Insgesamt beträgt der volkswirtschaftliche Schaden durch Konflikte in Deutschland nach Schätzung des Instituts der deutschen Wirtschaft 50 Milliarden Euro jährlich.1
Wir finden es schön und bewundernswert, wenn Vorgesetzte den Mut haben, Konflikte klären zu lassen. Das ist leider noch keine Selbstverständlichkeit, fördert aber die Mitarbeiter:innenbindung und das Wohlbefinden aller direkt oder indirekt beteiligten Personen. Aus sicherer Quelle weiß ich, dass das Team aus unserem Fall mittlerweile Hand in Hand arbeitet und die erarbeiteten Lösungen nachhaltig gewirkt haben.